Montag, 21. August 2006
Die Planetenfrage - ist wieder alles offen?
Am vergangenen Freitag fand die erste Debatte der Resolution 5 durch die Division III-Planetary Sciences der IAU statt. Dabei wurde der offizielle Vorschlag des IAU Executive Councils (wir haben am 15. und 16.8. darüber berichtet) von führenden Planeten-Wissenschaftler diskutiert. Dabei kam erstaunliches zutage.



Im Anschluss an die intensiv geführte Debatte, an der der offizielle Vorschlag kritisch diskutiert wurde, stellten die beiden Forscher Gonzalo Tancredi and Julio Fernández einen Alternativ-Vorschlag [1] zur Planetendefinition vor, der in einer Testabstimmung überraschend auf Anhieb 60% aller Stimmen erhielt [2]. Demnach würden nur die "klassischen 8" als vollwertige Planeten anerkannt und Pluto würde wieder zurückgestuft (bzw. ein Dwarf Planet). Die übrigens Stimmen waren zur Hälfte für den bisherigen IAU Vorschlag und zur anderen Hälfte dafür, dass dieser nochmals überarbeitet wird. Hier der Alternativ-Vorschlag im Originalwortlaut:

A planet is a celestial body that (a) is by far the largest object in its local population [1], (b) has sufficient mass for its self-gravity to overcome rigid body forces so that it assumes a hydrostatic equilibrium (nearly round) shape [2], (c) does not produce energy by any nuclear fusion mechanism [3].

Der erste Teil (a) schränkt die bisherige Planetenauswahl stark ein, denn Ceres, Pluto, sein Begleiter Charon, Xena und alle anderen TNO's fallen hier durch. Als "local population" ist dabei die Gruppe der Objekten gemeint, welche die Bahn des fraglichen Körpers kreuzen oder nahe an seine Umlaufbahn kommen. Der zweite Abschnitt (b) wurde aus dem IAU Vorschlag übernommen. Neu ist hingegen die unter (c) vorgenommene Präzisierung der Definition, die eine obere Grenze zu den braunen Zwergen absteckt und nicht einfach nur von "ein Planet ist kein Stern" spricht.

Wie es nun weitergeht, bzw. welchen Stellenwert diese Abstimmung auf den weiteren Meinungsbildungsprozess hat, ist unklar. Die nächste Runde ist auf Dienstag, 22. August um 12.45 Uhr festgelegt. Dann findet eine öffentliche Plenar Session zu diesem Thema statt, bevor dann am nächsten Donnerstag an der Schlussveranstaltung definitiv abgestimmt wird. Es bleibt also spannend.


Weiterführende Links
[1] http://astro.cas.cz/nuncius/appendix_6.html
[2] http://www.astro.uni-bonn.de/~dfischer/mirror/300.html

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 15. August 2006
Zuwachs in der Planetenfamilie
<updated 16.8.06> Es sieht ganz danach aus, dass unser Sonnensystem nach 75 Jahre wiedereinmal Zuwachs bei den Planeten erhält.

Damals wurde nämlich Pluto von Clyde Tombaugh am Lowell-Observatorium in Arizona entdeckt und von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) als neunter und bisher letzten Planeten klassifiziert. Seither wurden viele neue Körper im Sonnensystem entdeckt. Bei einigen (z.B. 2003 UB313) stellte sich sogar heraus, dass sie grösser als Pluto sind. Da die Frage, was genau ein Planet ist, bisher nie klar festgelegt wurde, herrschte nun Unklarheit, ob es sich bei den Neuen lediglich um sehr grosse Kleinplaneten oder um eigenständige Planeten handelt.

Planetengrafik der IAU

Die IAU hatte daraufhin eine Kommission ins Leben gerufen, die eine klare Definition der Planeten formulieren sollte. Geplant war an der derzeit laufenden 26. General Assembly der IAU in Prag [1] den Vorschlag der Öffentlichkeit vorzustellen und darüber abzustimmen.

Ueber die möglichen Varianten wurde in letzter Zeit viel spekuliert. So lagen auch Formulierungen im Raum, Pluto aufgrund seiner Grösse und Bahn wieder zu einem Kleinplaneten zurückzustufen. Diese waren vermutlich aus amerikanischer und auch historischer Sicht nicht haltbar. Ein anderer Vorschlag ging dahin, das Kriterium zum Planeten über ihre absolute Helligkeit (V-magnitude) zu definieren. Dieser Vorschlag wurde überigens gerade noch gestern im IAU Newsletter Nr. 2 der Konferenz publiziert [2].

Heute morgen hat die IAU den Spekulationen ein Ende bereitet und den offiziellen Vorschlag des Planet Definition Commitees in einer Pressemitteilung [3] dargelegt.

Nach dieser sogenannten Resolution 5 dürfte ein Planet über die Gravitationskomponente definiert werden: Ein Planet soll ein Himmelskörper sein, der a) genügend gross ist, dass er sich aufgrund seiner eigenen Masse im hydrostatischen Gleichgewicht (hydrostatic equilibrium) befindet und demzufolge von nahezu runder Gestalt ist; sowie b) sich um einen Stern bewegt und dabei weder selber ein Stern, noch ein Begleiter eines anderen Planeten ist.

Es wird noch ergänzt, dass die Grösse für a) näherungsweise für Objekte mit einer Masse ab 5 x 10^20 kg und einem Durchmesser von mehr als 800 km zutrifft. Auch bei b) gibt es noch eine Präzisierung und zwar jene, dass bei einem Mehrkörpersystem auch der kleinere Begleiter als eigenständiger Planet anerkannt wird, sofern sich der Masseschwerpunkt (das Baryzentrum) zwischen den Körpern befindet. Letzteres ist beim System Pluto/Charon der Fall, womit also auch Charon den Status eines Planeten erhalten dürfte. Wir hätte es also hier mit dem ersten Doppelplaneten im Sonnensystem zu tun.

Der Vorschlag der IAU unterscheidet zwischen den klassischen acht Planeten, welche vor 1900 entdeckt wurden und sich auf kreisähnlichen Bahnen nahe der Ekliptik bewegen und den übrigen planetaren Objekten die kleiner als Merkur sind. Der bisher grösste Kleinplanet Ceres erhält neu den Status eines Planeten. Aus historischen Gründen wird noch vorgeschlagen, Ceres als "dwarf planet" also Zwergplanet von den übrigen klassischen Planeten abzugrenzen.

Als bemerkenswertes Details steht am Rande noch zu lesen, dass die ebenfalls grossen Kleinplaneten Pallas, Vesta und Hygeia bisher noch zu wenig genau untersucht wurden und sich alle drei möglicherweise ebenfalls in einem hydrostatischen Gleichgewicht befinden könnten. Sollte sich dies tatsächlich bewahrheiten, wären auch diese drei Himmelskörper als Planeten, bzw. Zwergplaneten, zu bezeichnen.

Wie erwartet wird auch Pluto als Mitglied der Transneptunischen Objekten (TNO's) weiterhin der Planetenstatus gewährt. Solche TNO's haben im Gegensatz zu den klassischen Planeten typischerweise stark geneigte Bahnen mit hoher Exzentrität und Umlaufszeiten von über 200 Jahren. Es wird vorgeschlagen, diese Gruppe neuer Planeten, wovon Pluto der Prototyp wäre, als "Plutons" oder zu Deutsch "Plutone" zu benennen.

Alle weiteren Objekte im Sonnensystem, welche nicht die Definition eines Planeten erfüllen, aber die Sonne umkreisen, sollen kollektiv als "Small Solar System Bodies" benannt werden. Es wird explizit auch erwähnt, dass man in Zukunft die Bezeichnung "Minor Planet" nicht mehr verwenden möchte.

Somit hätten wir also, sollte sich dieser Vorschlag durchsetzen, mit mindestens drei neuen Planeten im Sonnensystem zu rechnen: Ceres, Charon und 2003 UB313 (auch inoffiziell Xena genannt).

Wie erwähnt ist dies erst der Vorschlag der IAU Kommission (wenn auch ein sehr konkreter und weit fortgeschrittener) und noch ist nichts entschieden. Das Gremium wird voraussichtlich am Freitag, 18.8., darüber diskutieren und gelangt dann am Donnerstag, 24.8., zur definitiven Abstimmung über die genaue Formulierung der Definition, was ein Planet ist.

Links:
[1] http://www.astronomy2006.com/
[2] http://astro.cas.cz/nuncius/
[3] http://www.iau2006.org/mirror/www.iau.org/iau0601/iau0601_release.html

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 4. August 2006
Ringförmige Sonnenfinsternis zum Herbstanfang


Die ringförmige Sonnenfinsternis vom 22. September 2006 ist global gesehen die nächste Sonnenfinsternis. Die Finsternis der Saros-Reihe 144 (Saros-Zyklus) findet im absteigenden Knoten der Mondbahn statt und ist erst die 16. einer 70 Finsternisse umfassenden Serie.
In relativer Nähe zum Herbst-Äquinoktium eintretend - Herbstanfang ist am 23. September 2006 um 06:03 Uhr MESZ - und infolge des diesjährigen Zusammenfallens des absteigenden Knotens mit dem Herbstpunkt, wird die Ringförmigkeitszone nach kurzem äquator-parallelen Verlauf stark nach Süden gebogen. Es ist dies das Resultat aus der Addition von Mondbahnschräge (rund 5°) und Ekliptikschiefe (23.5°) (siehe auch Ekliptik).
In ihrer ringförmigen Gestalt kann die Sonnenfinsternis einzig im Anfangsabschnitt über Guayana, Surinam, Französisch Guayana und Brasilien vom Festland aus gesehen werden. Danach spielt sich der "Feuerring" über den Weiten des Südatlantiks ab. Mit Paramaribo (Surinam) und Cayenne (Franz. Guayana) liegen grössere Städte in der Ringförmigkeitszone, auf deren Zentrallinie die Ringfinsternis von 85% bei sehr tiefem Sonnenstand 5 min 38 s dauert. Auch der Weltraumbahnhof Kourou der ESA liegt im Bereich der verlängerten Mondschattenachse. Partiell ist die Sonnenfinsternis vom 22. September in praktisch ganz Südamerika, im Süden und Südwesten Afrikas und Teilen der Antarktis zu sehen. Auch halb Madagaskar und die Ferieninseln Mauritius und La Réunion erleben am frühen Abend noch eine Teilfinsternis.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 4. Juli 2006
Naher Asteroid am 2. und 3. Juli
Ein Asteroid namens 2004 XP14 wird in den Morgenstunden des kommenden Montag ungewöhnlich nahe an der Erde vorbeifliegen. Nur gerade etwas mehr als die durchschnittliche Mondentfernung wird sein minimaler Abstand zur Erde betragen. Der Kleinplanet gehört zur Apollo-Klasse und zählt mit knapp einem Kilometer Durchmesser schon zu den grösseren Brocken. Das sich schnell bewegende Objekt mit 11 mag dürfte schon mit mittleren Teleskopen beobachtet werden können.

Aufsuchkarte für den Montag:



Aufsuchkarte für den Dienstag:



Die Zahl in Blau bei der Bahn zeigt zur Position die Uhrzeit in MESZ an.

Weitere Infos:1, 2

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 28. Juni 2006
Partielle Mondfinsternis bequem am Abendhimmel
Die nächste Mondfinsternis im deutschen Sprachraum findet am Abend des 7. September 2006 statt. Es handelt sich um eine partielle Finsternis der Grösse 0.189. Das Himmelsschauspiel beginnt praktisch mit Mondaufgang um 20:05.0 Uhr MESZ, erreicht um 20:51.3 Uhr MESZ das Maximum und endet um 21:37.6 Uhr MESZ. In Ost- und Mitteleuropa ist die gesamte Kernschattenphase zu beobachten, während die Mondfinsternis in Westeuropa bereits begonnen hat, wenn der Vollmond aufgeht.



Interessant wird an diesem Abend zu beobachten sein - gutes Wetter vorausgesetzt - wie sich nach Sonnenuntergang in östlicher Richtung das lilafarbene Band des aufgehenden Erdschattens in der Atmosphäre abzeichnet. Von einem leicht erhöhten Standort aus mit freier Sicht zum Osthorizont kann man die "Himmelsgeometrie" zum Zeitpunkt einer Mondfinsternis, wo Sonne, Erde und Mond praktisch eine Linie bilden, am 7. September 2006 besonders schön erleben. Im deutschen Sprachgebiet ist es die erste partielle Mondfinsternis seit dem 24. März 1997.
Die September-Finsternis gehört dem Saros-Zyklus 118 an und ist die drittletzte partielle Erscheinung einer zu Ende gehenden Reihe. Ab dem 9. Oktober 2060 verlaufen alle Mondfinsternisse dieses Zyklus' als Halbschattenfinsternisse mit abnehmender maximaler Grösse.

Die Schul- und Volkssternwarte Bülach hat wie jeden Donnerstagabend auch am 7. September 2006 ab 20 Uhr MESZ für das Publikum geöffnet. An verschiedenen Fernrohren kann das lunare Schattenspiel beobachtet werden.

In der Nacht vom 3. auf den 4. März 2007 gibt es dann wieder eine totale Mondfinsternis zu bewundern.

... link (1 Kommentar)   ... comment


Montag, 12. Juni 2006
Erstmaliges Plejaden-Rendez-vous in der Morgendämmerung
Zwischen 2005 und 2009 kommt es wieder zu einer ganzen Serie von Plejadenbedeckungen durch den Mond. Die Mondbahn schwingt sich derzeit hoch über die Ekliptik, da im Laufe dieses Jahres der aufsteigende Mondknoten mit dem Frühlingspunkt zusammenfällt. Dies bescherte uns in der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 2006 auch den tiefsten Sommervollmond seit 1932 (siehe Artikel vom 16. Mai 2006).

Eine erste Plejadenbegegnung findet nun in den frühen Morgenstunden des 23. Juni 2006 gegen 04:00 Uhr MESZ statt. Haarscharf schrammt bei diesem "Rendez-vous" die schmale Mondsichel am offenen Sternhaufen vorbei (siehe Grafik). Von der Schweiz aus gesehen, wird allerdings keiner der helleren Plejadensterne bedeckt.



5.5° südlich der für Astrofotgrafen bestimmt reizvollen Konstellation strahlt ausserdem Venus in der Rolle als "Morgenstern".

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 19. Mai 2006
Tiefster Sommervollmond seit 74 Jahren
Zu einem Jahrhundertereignis der besonderen Art kommt es in der Sommer-Vollmondnacht vom 11. auf den 12. Juni. Noch nie seit dem 18. Juni 1932 stand der volle Mond im Juni so tief über dem Südhorizont wie dieses Jahr.



Wer über die Jahre hinweg den Mondlauf beobachtet, stellt unschwer fest, dass der Pfad, den der Mond vor den Sternen zurücklegt nicht immer gleich verläuft. Einmal nimmt er einen tieferen Kurs, dann wieder schwingt er sich hoch über die scheinbare Sonnenbahn. In diesem Jahr ist die Lage der Mondbahn extrem, was uns den „tiefsten“ Juni-Vollmond seit dem 18. Juni 1932 beschert.

Das sommerliche Mondspektakel

In Zürich geht der voll beschienene Erdbegleiter am Sonntagabend, 11. Juni, erst um 21:51 Uhr MESZ am mathematischen Horizont auf. Je nach Beobachtungsstandort verzögert sich der Mondaufgang um eine weitere Dreiviertelstunde, da die Mondbahn extrem flach verläuft. Ein erhöhter Standort mit freier Sicht nach Südsüdosten ist von Vorteil. Gegen 01:36 Uhr MESZ (Montagmorgen, 12. Juni) steht die Mondscheibe nur etwas mehr als 13° hoch genau im Süden, wesentlich niedriger als die Sonne am kürzesten Tag des Jahres. Bereits um 5:20 Uhr MESZ taucht der Mond im Südsüdwesten wieder unter.



Somit dauert die Sommervollmondnacht bei uns nur 7 Stunden und 29 Minuten. Das diesjährige Jahrhundertereignis wird nur noch einmal, am 22. Juni 2024, getoppt. Dann steht der Vollmond noch etwas knapper über dem Südhorizont.
Im südlichen Skandinavien, etwa in der norwegischen Hauptstadt Oslo, schafft es der Vollmond nach Mitternacht kaum über den Horizont. Noch weiter nördlich sieht man ihn gar nicht mehr, denn hier scheint während 24 Stunden die Sonne.

Tiefer als die Sonne im Winter

Grund für die speziellen Verhältnisse der Mondbahn in diesem Jahr ist deren besondere Lage gegenüber der scheinbaren Sonnenbahn (auch Ekliptik genannt). Die Mondbahn ist um etwas mehr als 5° gegen die Bahn der Sonne gekippt. Weil die Schnittpunkte von Mond- und Sonnenbahn im Laufe des Jahres mit dem Frühlings- beziehungsweise Herbstpunkt zusammenfallen, addieren sich Mondbahnschräge und Ekliptikschiefe, womit der Vollmond im Dezember gut 5° oder zehn Mondbreiten höher steht als die Sonne zum Zeitpunkt des Sommeranfangs. Im Juni sind die Verhältnisse genau verkehrt; jetzt kulminiert der Vollmond 5° tiefer als die Mittagssonne am 21. Dezember.



Natürlich spielt der genaue Vollmondzeitpunkt und das Zusammenfallen der Mondknoten mit den Äquinoktien eine entscheidende Rolle. Der absolute Optimalfall wäre, wenn all diese Faktoren gleichzeitig mit der Sommersonnenwende eintreten würden.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 16. Mai 2006
Im Sommer stiehlt die Sonne den Sternen die Show
Sternwarte Bülach erhält neues Sonnenteleskop

In den kurzen Sommernächten stellt das lange Warten auf die Sterne die Bülacher Astronomen oft vor eine Geduldsprobe. Mit dem neuen Sonnenfernrohr, das am Donnerstag, 18. Mai 2006, 20 Uhr offiziell eingeweiht wird, kann die Zeit an den öffentlichen Beobachtungsabenden bis zum Sonnenuntergang und Eindunkeln mit einem Blick auf die interessanten Sonnenphänomene sinnvoll genutzt werden.



Legende zur Fotografie: Was von der Sonne pro Stunde an Energie auf der Erde ankommt, ist Zehntausend mal mehr als der Weltprimärenergiebedarf. (Bild: Thomas Baer)

„Alle wollen immer nur den Mond oder die Planeten sehen“, erklärt einer der Bülacher Astronomen den erschienenen Besuchern, „dabei bietet die Sonne als Himmelskörper wesentlich mehr als der Mond, welcher sich seit 3.5 Milliarden Jahren kaum mehr verändert hat.“ In der Tat zeigt uns das Tagesgestirn manchmal innert Stunden ein ganz neues Gesicht. Aktive und inaktive Protuberanzen, die flammenartigen Gebilde am Sonnenrand, verändern ihre Form stetig. Aber auch die dunklen Sonnenflecken, jene Stellen der Photosphäre, die um 1500°C „kühler“ sind als ihre Umgebung, variieren ihr Aussehen oder ihre Grösse und können über mehrere Tage, manchmal sogar Wochen oder Monate mit der Rotation der Sonne über deren „Oberfläche“ wandernd, verfolgt werden.

Sonnenteleskop überbrückt das Warten auf die Sterne

Im Januar dieses Jahres wurde mit der Planung eines Aussenfernrohrs speziell für die Sonnenbeobachtung begonnen. Im Nordwesten der Sternwarte entstand in den vergangenen Wochen durch den ehrenamtlichen Einsatz der Bülacher Astronomen ein gut 16 Quadratmeter grosser Platz, wo am kommenden Donnerstagabend, 18. Mai 2006, um 20 Uhr das später als Binokular konzipierte Coronado-Sonnenfernrohr offiziell eingeweiht wird.
Vor allem in den Sommermonaten, in denen die Sonne erst nach 21 Uhr untergeht und vor 23 Uhr keine Sterne am Himmel zu beobachten sind, haben die Bülacher Astronomen eine sinnvolle Alternative für Besucherinnen und Besucher geschaffen. Besonders Familien mit schulpflichtigen Kindern kann so an den öffentlichen Donnerstagsführungen von Mitte Mai bis Mitte August mit der Sonnenbeobachtung ab 20 Uhr einiges geboten werden.

Ein bedeutender Stern der kleinen Sorte

Verglichen mit anderen Sternen am Nachthimmel, ist unsere Sonne geradezu ein Winzling. Schon Sirius, der hellste Fixstern am Firmament übertrifft sie an Grösse um fast das Doppelte, Wega in der Leier sogar um das Vierfache und Arktur im Bärenhüter schon um das 22-fache. Aldebaran im Stier (36 mal grösser) und Scheat im Pegasus 112 mal grösser) zählen bereits zu den „roten Riesen“, während Antares im Skorpion (330 mal Sonne) und Beteigeuze im Orion (400 mal Sonne) zur Klasse der „roten Überriesensterne“ gezählt werden.
Um sich die Dimensionen vor Augen zu führen, verkleinern wir die Sonne 5 Milliarden mal, nämlich auf den Massstab des Planetenwegs Bülach. Dann wäre die Sonnenkugel 27.85 cm gross, Beteigeuze im Vergleich dazu sagenhafte 112 m mächtig. Die Erde hingegen müsste sich mit 2,5 mm Grösse bescheiden geben.

Die Sonne – ein kosmisches Kraftwerk

Ein Blick durch das Sonnenfernrohr lässt das Tagesgestirn im Licht des glühenden Wasserstoffs erscheinen, in einem Spekralbereich, in dem die Phänomene auf der Sonnenscheibe und am Sonnenrand besonders gut beobachtet werden können. Bei 15 Millionen Grad fusioniert die Sonne in ihrem Innern jede Sekunde 700 Millionen Tonnen Wasserstoff zu 695 Tonnen Helium, was gewaltige Energien in Form von Strahlung freisetzt. Den Masseverlust „spürt“ sie allerdings nicht, denn in 5 Milliarden Jahren ist er nicht grösser als ein Tausendstel der Sonnenmasse. Die Fläche der neuen Sonnenbeobachtungsplattform in der Sternwarte Bülach würde auf dem Tagesgestirn etwa 1 Gigawatt Leistung abgeben, etwa so viel wie das KKW Gösgen.

Obwohl sich die Sonne in nächster Zukunft ihrem Aktivitätsminimum nähert, gibt es täglich spektakuläre Protuberanzen, ab und zu sogar auch kleinere Sonnenflecken zu sehen. Und wenn der glutrote Feuerball an einem lauen Sommerabend seine letzten Strahlen auf die Eschenmoser Anhöhe schickt, denkt wohl niemand daran, dass dieses letzte Licht schon gute 8 Minuten unterwegs war und eine Strecke von annähernd 152 Millionen Kilometern durchlaufen hat.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 8. Mai 2006
Komet Schwassmann-Wachmann bei M57 (Ringnebel)
Diese Nacht fand ein seltenes Ereigniss statt: Ein Komet befand sich nahe an einem interessanten Himmels-Objekt.

Der Komet Schwassmann-Wachmann, welcher sich ungewöhnlich nahe bei der Erde befindet, stattete heute einen "Besuch" beim Ringnebel M57 ab.

Hier ein Übersichtsbild vom 08.05.2006 um 04:12:


Weitere Infos:
http://foto.star-shine.ch/details.php?image_id=249

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 3. Mai 2006
Streifzug am Frühlingshimmel
Wer in den kommenden Wochen durch die Bülacher Fernrohre blickt, kommt auf seine Rechnung. Der Frühlingssternenhimmel bietet im Moment neben der Sichtbarkeit der beiden Planeten Saturn und Jupiter mit den prächtigen Kugelsternhaufen M3 und M13 weitere Leckerbissen. Der in einzelne Fragmente zerbrochene Komet Schwassmann-Wachmann 3 erreicht Mitte Mai 2006 seine grösste Hellgkeit, bleibt aber ein Fernrohrobjekt.

... link (0 Kommentare)   ... comment