Montag, 3. April 2006
Prächtige Sonnenfinsternis über der Südtürkei
thomas baer, 00:43h
Eine Delegation der Bülacher Sternwarte beobachtete die totale Sonnenfinsternis unweit von Manavgat/Side entfernt. Für die meisten war es bereits die zweite, dritte und den Autor sogar die sechste totale Finsternis. Wie heisst es so schön: „Wer einmal eine gesehen hat, reist wieder hin.“
Bericht und Bilder: Thomas Baer, Leiter der Sternwarte Bülach
Wie so oft vor einer totalen Sonnenfinsternis konsultierten auch wir des Öftern Wetterlinks, um uns über die Wetterentwicklung zu orientieren. Vielleicht war es auch mehr ein psychologisches Phänomen, denn das Wetter war an der türkischen Riviera schon die ganze Woche viel besser als zum Beispiel astrowetter.com vorhersagte. Noch 18 Stunden vor der Finsternis stand dort geschrieben, dass der Trend für die Zentral- und Südtürkei immer noch durchzogen sei. Von wegen „durchzogen“; der Finsternistag begann nahezu wolkenlos. Nur ein paar dünne Zirrusschleier im Bereich von Alanya zierten den Himmel. Gegen das Mittelmeer hin war es absolut klar.
Wir wählten einen Beobachtungsplatz nur unweit östlich von Side und vom grossen Rummel entfernt. Doch auch an unserem Standort waren wir längst nicht die einzigen. Aus Tschechien, Irland, Holland, Deutschland und Japan waren Finsternisfreaks angereist, um das kosmische Spektakel zu erleben.
Die Finsternis begann pünktlich um 13:38.28 Uhr EEST. Die Temperatur lag zu Beginn etwa bei 21°C. Je mehr der Mond die Sonne verdeckte, desto kühler wurde es. Das Licht änderte sich etwa ab der Hälfte der Finsternis. Die typische fahlgraue Beleuchtung wurde immer markanter. Faszinierend ist immer wieder das Eindunkeln kurz vor der Totalität. Die Schatten verschwinden, die Natur ist in eine graue Dämmerung gehüllt. Vögel setzten sich auf den Sträuchern nieder, andere verharrten am Boden. Auf einmal färbte sich der östliche Horizont schwefelgelb, während der Himmel darüber türkisfarben anlief. Im Südwesten funkelte unübersehbar hell die Venus. Bereits erloschen die feinen Zirruswölkchen über dem Meer, der Schatten flog mit 3250 km/h heran.
Ich tat einen letzten Blick durch mein 400mm Teleobjektiv. Das Filter hatte ich bereits entfernt. Schützend hielt ich die Hand vor die Öffnung. Da tauchte auch schon die innere Korona auf. Ein wunderschöner Diamantring leitete die totale Finsternis ein. Applaus und Geschrei erklang im Moment, wo der Schatten über unsere Köpfe raste.
Eine wunderbare, weit ausfransende und helle Sonnenkorona stand 54° hoch über uns, ein fantastischer Anblick. Ich belichtete die verschiedenen Koronabereiche mit unterschiedlichen Belichtungszeiten mit meiner Canon-Digitalkamera 350D. Gleichzeitig diente mir die Optik als Fernrohr, durch das man die prächtigen Protuberanzen sehen konnte.
Viel zu schnell, endete auch diese lange totale Finsternis. Schon wurde der südliche Bereich der inneren Korona wieder heller. Jeden Moment musste der erste Sonnenstrahl hervorschiessen. Der Himmel hellte rasch wieder auf und da blitze auch der erste Lichtfunke durch ein Mondtal auf. Für das freie Auge war der zweite Diamantring wesentlich einfacher und auch schöner zu beobachten als der erste. Fotografisch gab der 2. Kontakt aber mehr her.
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